März 2021
Die Sozialen Medien können ganz schön vereinnahmen. Möchte man alle Kanäle von Facebook über Instagram bis hin zu TikTok und neuerdings auch Clubhouse bedienen, könnte man viele Stunden am Tag damit verbringen - und es wäre trotzdem nie genug. Bei immer mehr Leuten führen diese Plattformen zu Stress oder lösen gar psychische Probleme aus. Manchen ist zudem die dort praktizierte Selbstdarstellung der User unverständlich und unangenehm. Die Business-Plattform Linkedin ist eine gute Alternative. Leider findet auch dort immer mehr Facebookisierung statt. Und das ist wirklich schade!
Linkedin wurde 2003 im Silicon Valley gegründet; seit 2016 gehört es zu Microsoft. Es ist mit 660 Millionen Anwendern das weltweit größte Business-Netzwerk und hat alleine im deutschen Sprachraum 16 Millionen Mitglieder, Tendenz stark steigend. Ursprünglich war Linkedin eine reine Recruiting-Plattform, und auch noch heute präsentieren sich die Nutzer:innen mit ihren beruflichen Profilen, halten nach Jobs und Aufträgen Ausschau und vernetzen sich mit anderen Mitgliedern. In den Foren findet zudem meist hochwertiger Austausch statt. Es gibt eine Gratis- und Premiumversion, und selbstverständlich finanziert Linkedin sich über Werbung, »Kampagnen« genannt. Der Name bedeutet übrigens so etwas wie »reinverlinkt« und spricht sich [ˌliŋkt.ˈɪn].
Seit Microsoft das Unternehmen erworben hat, hat Linkedin sich nicht nur optisch der Plattform Facebook angenähert, sondern auch inhaltlich. Dies wurde nun auch aktuell unter anderem in einem Artikel im Magazin brand eins moniert. Einerseits werden niveau- und inhaltslose Postings beklagt. Fotos von selbstgekochtem Mittagessen, Spaziergängen und Sonnenuntergängen oder gar Selfies haben dort also nichts verloren. Ganz im Gegenteil, auf Linkedin geht es um Content, tiefergehende Artikel und Verlinkungen in informative Websites. Publikationen wie Forbes, The Economist, The New Yorker oder Harvard Business Review sind besonders gerne gelesen.
Andererseits sind aufdringliche Verkaufsbotschaften und Leute, die einem ihre Dienstleistung aufdrängen, besonders lästig. Insbesonders, wenn jemand um Vernetzung anfragt und eine Minute später über die Nachrichtenfunktion ein Produkt bewirbt. Aber auch Postings mit der Standardformel »Bei Interesse senden Sie mir eine Nachricht« sind müßig. Wenn jemand Interesse hat, wird er oder sie sich zu helfen wissen. Diese Aufforderungen sind kontraproduktiv. Plumpes Social Selling nervt! Auch zählt hier nicht das Sammeln von Likes, viel mehr ins Gewicht fallen die internen »Ansichten Ihres Beitrages«. So kann ich etwa auf ein Posting zu meiner Masterthesis auf 46 Likes und beinahe 2.800 Ansichten verweisen. Das freut natürlich sehr, wenn ein Thema auf so großes Interesse stößt.
Auf Linkedin schieße ich nicht aus der Hüfte, sondern überlege. Und indem ich mich mit den passenden Leuten vernetze und auf die entsprechenden Beiträge reagiere, findet Positionierung statt. Wertvoller Austausch und konstruktive Diskussionen machen diese Plattform wertvoll und nicht die abnickende Verstärkung der eigenen Meinung. Oder wie Martin Fehrensen, der Autor des brand-eins-Artikels, aus der New York Times zitiert: »Es gibt dort Hundertausende Bosse und Millionen von Menschen, die diesen Bossen gefallen wollen.«
Ich selbst bin seit 2011 auf Linkedin aktiv und schätze die informativen Inhalte zum Weltgeschehen, zu Politik, zu Führungsthemen, zur nachhaltigen Entwicklung von Organisationen und Regionen und natürlich zu allem rund um Wein & Genuss. Die Nivellierung nach unten finde ich schade und schalte jene Leute stumm, die Linkedin mit Facebook verwechseln. Und so tun es auch andere. Denn, schlussendlich geht es in einem Beitrag ja immer um den Nutzen für Leser und Leserin. Weshalb sollte er oder sie sonst Zeit und Gedanken dafür investieren. Deshalb, lassen Sie uns wieder in die Tiefe gehen!