Honigbiene versus Wildbiene. Ein realer Konflikt?
Immer wieder liest und hört man, dass die Förderung der Honigbiene einen negativen Einfluss auf die unzähligen Arten der Wildbienen, zu denen im Übrigen auch die Hummeln zählen, habe. Der österreichische Imkermeister Ernst Brandl äußerte sich kürzlich dazu in einem Gastkommentar in der Tageszeitung Der Standard. Wir fassen zusammen.
Quelle: Brandl, Ernst. Warum die Wildbienen wirklich sterben. Der Standard, 7 Mai 2024.
Weiterführender Artikel: Declining potential nectar production of the herb layer in temperate forests under global change. Journal of Ecology, 6. Mai 2024.
Mai 2024
Imkern und Hobbyimkern ist en vogue geworden. Wer kennt nicht einen Winzer oder eine Winzerin mit Bienenstöcken im Weingarten, Unternehmen, die auf ihren Flächen Bienen züchten oder Honigprojekte von Schulen oder Gemeinden. Die Sorge um das Überleben der Honigbiene und mit ihr um das der Menschheit treibt viele um und lässt sie aktiv werden. Geht da aber möglicherweise der Schuss nach hinten los, weil durch die unzähligen Maßnahmen pro Honigbiene den Wildbienen, von denen es alleine in Österreich 700 Arten gibt, die Lebensgrundlagen entzogen werden?
Denn häufig wird ein Konflikt zwischen Honigbienen und Wildbienen vorgebracht und dass Honigbienen durch ihre große Anzahl und intensive Bestäubungstätigkeit den Wildbienen die Nahrung wegnehmen und so zu deren Rückgang beitragen. Medienberichte, wie auch in der Tageszeitung Der Standard („Wir brauchen nicht noch mehr Honigbienen") heizen diesen Konflikt an. Für die dargebrachten Vorwürfe gibt allerdings laut Imkermeister Brandl bisher keine wissenschaftlichen Beweise. In seinem Gastkommentar argumentiert der Betreiber des Biodiversitätsprojekts „Miëlo – Reclaiming Nature”, dass menschliche Eingriffe den Lebensraum aller Bienen bedrohen und dass ein Konflikt zwischen Imkern und Wildbienenfreunden kontraproduktiv sei.
Alarmierender Rückgang der Wildbienen. Brandl betont, dass der Rückgang der Wildbienenpopulationen in den letzten Jahrzehnten tatsächlich alarmierend sei. Experten schätzen, dass die Menge an Insekten im Allgemeinen in den letzten 30 Jahren um 76 Prozent zurückgegangen sei. Hauptursachen dafür sind der Einsatz von Pestiziden, die Beseitigung von Grün- und Heckenstreifen und die Bodenversiegelung.
Keine wissenschaftlichen Beweise. Medienberichte über einen angeblichen Konflikt zwischen Honig- und Wildbienen seien irreführend. Es gebe keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Honigbienen für den Rückgang der Wildbienen verantwortlich sind. Historische Daten zeigen, dass die Anzahl der Honigbienenvölker stabil geblieben ist, während die Biodiversität dramatisch abgenommen hat. Es seien einzig unsere schädlichen Umweltpraktiken, die zum Artensterben führen, – sie haben unmittelbarere Auswirkungen. Brandl fordert strengere Kontrollen des Pestizideinsatzes und eine Begrenzung der Bodenversiegelung durch politische Maßnahmen.
Imker und Wildbienenfreunde sollten zusammenarbeiten, da sie gemeinsame Ziele haben: gesündere Lebensräume, insektenfreundliche Landschaften und den Erhalt der Biodiversität. Initiativen wie die Aufklärung der Öffentlichkeit und das Schaffen von pestizidfreien Lebensräumen könnten die Situation verbessern. Der konstruierte Konflikt Honig- vesus Wildbiene lenke nur von den wahren ökologischen Herausforderungen ab. Wild- und Honigbienen spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung und der weltweiten Nahrungsmittelproduktion, was auch indirekt den Rückgang der Vogelpopulationen – Bienen dienen vielen Vögeln als Futter – beeinflusst.
Und was können wir tun? Blühende Wiesen statt Zierrasen, blühende heimische Pflanzen und Kräuter im Garten oder am Balkon und möglichst viele wilde Ecken unter anderem mit
»» Brennesseln, um beide – Honig- und Wildbienen – zu fördern.
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